Rechtsanwältin und Notarin Monika Klutke
1. Wann ist die Ehe nach dem Gesetz gescheitert?
Gemäß § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine Ehe gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Eheleute nicht mehr besteht und es nicht erwartet werden kann, dass die Eheleute sie wieder herstellen möchten. Dies setzt die endgültige Trennung der Eheleute voraus. Beide Eheleute müssen keine Hoffnung mehr haben, dass sie wieder zusammenfinden - so genannte "Zerrüttung".
Bei einer einverständlichen Ehescheidung müssen die Eheleute seit einem Jahr getrennt leben (siehe Frage 2.) und beide die Scheidung wollen und sich über die sog. Scheidungsfolgen geeinigt haben (siehe Frage 3.). Dann gilt die Ehe bereits nach dem Gesetz als zerrüttet. Weitere Tatsachen und Beweise für die Zerrüttung der Ehe sind beim Familiengericht nicht vorzutragen. Auf die Gründe für die Scheidung und die "schmutzige Wäsche" kommt es nicht an. Das Gericht überprüft die Zerrüttung nicht, sondern glaubt den übereinstimmenden Angaben der Eheleute
2. Was bedeutet Trennungsjahr?
Für eine einverständliche Ehescheidung müssen die Ehegatten ein Jahr getrennt leben. Die Eheleute können auch innerhalb der Ehewohnung getrennt leben. Dies setzt voraus, dass man in verschiedenen Zimmern schläft, getrennt wirtschaftet und keiner für den anderen Ehegatten Dienstleistungen, wie Wäsche waschen, einkaufen, kochen, etc. erbringt.
Sobald ein Ehegatte aus der gemeinsamen Wohnung auszieht, ist objektiv eine Trennung vollzogen. Bei einer einverständlichen Ehescheidung müssen beide Eheleute einen Trennungszeitpunkt angeben. In einem solchen Fall prüft das Gericht nicht nach, ob dies stimmt, und verlangt keine Beweise. Bei einer einverständlichen Ehescheidung muss deshalb auch keine Meldebescheinigung vorgelegt oder ein sonstiger Nachweis geführt werden - anders bei einem Streit der Ehegatten über den Trennungszeitpunkt und das Trennungsjahr.
3. Über welche Ehescheidungsfolgen müssen sich die Ehegatten bei einer einverständlichen Ehescheidung geeinigt haben?
Für eine einverständliche Ehescheidung ist neben dem Trennungsjahr notwendig, dass der andere Ehegatte im Gerichtsverfahren der Scheidung zustimmt. Darüber hinaus müssen sich die Ehegatten über folgende Punkte geeinigt haben:
- Ehegattenunterhalt
- Verteilung des Hausrates und der Ehewohnung
- Falls gemeinsame Kinder vorhanden sind, müssen sich die Ehegatten über die elterliche Sorge, das Umgangsrecht (siehe Frage 4.) und die Unterhaltspflichten (siehe Frage 5.) geeinigt haben.
4. Was müssen die Ehegatten bei gemeinsamen Kindern hinsichtlich des Sorge- und Umgangsrecht regeln?
Falls gemeinsame Kinder vorhanden sind, können beide Ehegatten auch nach der Ehescheidung für die Kinder gemeinsam sorgeberechtigt bleiben. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, hat das Recht, in Angelegenheiten des täglichen Lebens alleine zu entscheiden. Bei Angelegenheiten, die für das Kind von erheblicher Bedeutung sind, müssen beide Eltern im gegenseitigen Einvernehmen entscheiden. Auch können die Ehegatten - sofern sie dazu ohne Streit und Konflikte in der Lage sind - das Umgangsrecht ohne konkrete gerichtlich festgelegte Regelungen praktizieren.
5. Wie hoch ist der Kindesunterhalt?
Der Kindesunterhalt eines minderjährigen Kindes richtet sich nach der "Düsseldorfer Tabelle". Für den Kindesunterhalt werden für bestimmte Einkommensgruppen feste Unterhaltsbeträge festgeschrieben. So schuldet z. B. ein Ehemann, der ein Nettoeinkommen von 1.500 hat und seiner Ehefrau Unterhalt zahlt, derzeit dem dreijährigen Kind Unterhalt in Höhe von 225 und dem zehnjährigen Kind 272 . Die Tabelle ist so ausgerichtet, dass der Ehegatte Unterhalt an den anderen Ehegatten und zwei Kinder zahlt. Das den Eltern zustehende Kindergeld ist bereits auf den Unterhaltsbetrag angerechnet.
Wenn die Kinder und der Unterhaltsschuldner im Beitrittsteil des Landes Berlin Mitte wohnen, gilt die "Berlin Mitteer Tabelle", die bis zu einem Nettoeinkommen von 1.150 geringere Sätze festschreibt.
6. Was ist der Versorgungsausgleich?
Bei einer einverständlichen Ehescheidung werden die zum Zwecke der Altersvorsorge erwirtschafteten Rentenanwartschaften ausgeglichen. Die meisten Eheleute haben während der Ehezeit Rentenversicherungsbeiträge bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte oder bei der Rentenversicherung für Arbeiter oder bei einer betrieblichen Rentenkasse oder in ein berufsständisches Versorgungswerk oder in eine private Altersvorsorge eingezahlt. Die dadurch entstehenden Ansprüche auf eine zukünftige Rente werden im Rahmen des Verfahrens der Ehescheidung errechnet. Dazu müssen die Ehegatten in dem Scheidungsverfahren entsprechende Fragebögen ausfüllen. Danach werden die Rentenanwartschaften von den Versicherungsträgern festgestellt. Aufgrund dieser Auskünfte hat derjenige Ehegatte, der während der Ehezeit höhere Rentenanwartschaften erworben hat, den hälftigen Überschuss an den anderen Ehegatten zu übertragen. Nach dem Scheidungsurteil werden diese Rentenanwartschaften automatisch ohne Zutun der Ehegatten von den entsprechenden Rententrägern ausgeglichen.
Wenn die Ehegatten in einem notariell beurkundeten Ehevertrag die Durchführung des Versorgungsausgleiches ausgeschlossen haben, findet der Versorgungsausgleich nicht statt.
7. Was passiert mit dem Vermögen und den Schulden?
Sofern die Ehegatten im Hinblick auf ihr Vermögen durch einen notariell beurkundeten Ehevertrag keine Vereinbarung getroffen haben, gilt grundsätzlich der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dann bleibt während der Ehezeit und nach der Scheidung das jeweilige Vermögen der einzelnen Ehegatten getrennt. Auch die Schulden eines jeden Ehegatten bleiben seine eigenen Schulden, sofern nicht gegenüber der Bank oder sonstigen Gläubigern eine Mitübernahme der Schulden oder Bürgschaft von dem anderen Ehegatten unterzeichnet wurde.
Bei einer Zugewinngemeinschaft gibt es auch gemeinsames Vermögen, wie z. B. ein gemeinsames Auto oder Haus.
Bei der Scheidung wird der Zugewinnausgleich durchgeführt. Dabei wird nicht das Vermögen an sich ausgeglichen, sondern der Wertzuwachs des jeweiligen Vermögens (z. B. Wertsteigerungen bei Immobilien, Betrieben, Aktien, Zinserträge etc.). Dafür wird zunächst errechnet, welchen Wertzuwachs das jeweilige Vermögen des einzelnen Ehegatten während der Ehezeit erfahren hat. Dieser Vermögenszuwachs wird verglichen. Derjenige Ehegatte, dessen Vermögen in der Ehezeit einen höheren Zuwachs erfahren hat, muss die Hälfte des Zuwachses an den anderen Ehegatten ausgleichen. Wenn z. B. die Immobilie, die der Ehefrau alleine gehört, bei der Eheschließung 100.000 wert war und bei der Ehescheidung 200.000 wert ist, so hat die Ehefrau während der Ehezeit einen Vermögenszuwachs von 100.000 erwirtschaftet. Wenn der Ehemann keinen eigenen Vermögenszuwachs erzielt hat, muss die Ehefrau dem Ehemann einen Zugewinnausgleich in Höhe von 50.000 zahlen.
Der Vermögensausgleich wird von dem Familiengericht nur durchgeführt, wenn ein Ehegatte einen entsprechenden Antrag stellt. Bei einer einverständlichen Ehescheidung wird die Ehe grundsätzlich ohne die Durchführung eines gerichtlichen Zugewinnausgleichs geschieden. Auch ist eine schriftliche Einigung über den Zugewinnausgleich nicht erforderlich, aber erstrebenswert.
8. Braucht jeder Ehegatte einen Rechtsanwalt für die Ehescheidung?
Bei einer einverständlichen Ehescheidung braucht nur derjenige Ehegatte einen Rechtsanwalt, der den Ehescheidungsantrag beim Gericht einreicht. Der Anwalt kann nur einen Ehegatten vertreten und nicht Anwalt beider Ehegatten sein. Die Eheleute können intern die Kosten für den Rechtsanwalt und das Gericht teilen.
9. Was kostet ein einverständliches Ehescheidungsverfahren?
Bei einer einverständlichen Ehescheidung richten sich die Kosten des Verfahrens grundsätzlich nach dem vom Gericht festgesetzten Streitwert. Dabei legt das Gericht das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Eheleute zuzüglich mindestens 1.000 für den Versorgungsausgleich zugrunde. Wenn z.B. die Eheleute insgesamt ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 haben, wird das Familiengericht einen Streitwert von 10.000 festsetzen. Nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ergeben sich Rechtsanwaltskosten in Höhe von ca. 1.500 und Gerichtskosten in Höhe von 392 . Mit der Einreichung des Scheidungsantrages sind die Gerichtskosten von 392 beim Gericht einzuzahlen.
Anwalts- und Gerichtskosten, die im Zusammenhang mit der Scheidung entstehen, können als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden. Die Kosten sind nicht in voller Höhe absetzbar, sondern die Höhe hängt von dem zu versteuernden Einkommen und der Steuerklasse ab.
10. Was passiert in dem Scheidungstermin vor Gericht?
Wenn die Voraussetzungen für eine einverständliche Ehescheidung vorliegen, d. h. die Ehescheidungsfolgenvereinbarung dem Familiengericht vorliegt (siehe Frage 3) und die jeweiligen Rentenversicherungsträger die Rentenanwartschaft ausgerechnet haben (siehe Frage 6), bestimmt das Familiengericht einen Scheidungstermin. Zu diesem Scheidungstermin müssen beide Ehegatten persönlich erscheinen. Der Termin selbst dauert ungefähr 15 Minuten. Der/die Richter/in befragt beide Ehegatten, seit wann sie getrennt leben und ob sie die Ehe für gescheitert halten und geschieden werden wollen. Sofern beide Eheleute übereinstimmende Angaben machen, wird der/die Richter/in keine weiteren Fragen über die Gründe für das Scheitern der Ehe stellen.
Sofern die Ehegatten keinen Antrag auf Übertragung des Sorgerechtes auf einen Elternteil gestellt haben, wird bei Gericht keine Entscheidung über das Sorgerecht treffen. Bei einem Sorgerechtsantrag wird über das Sorgerecht verhandelt. Sind die Kinder schulpflichtig, wird das Gericht sie meistens kurz befragen. Dies geschieht, ohne dass die Eltern im Gerichtssaal dabei sind. Der/die Richter/in erläutert hinterher das Ergebnis der Anhörung den Ehegatten.
Das Gericht bespricht sodann die vorliegenden, jeweils von den Versicherungsträgern errechneten Rentenanwartschaften der Ehegatten und erklärt den Versorgungsausgleich.
Zum Abschluss des Verfahrens wird das Scheidungsurteil vom Familiengericht verkündet und die Ehe geschieden.